
Ullastret 🇪🇸
Inhalt
Ullastret war die erste iberische Siedlung (Oppidum) die wir besucht haben und sie war direkt sehr beeindruckend.
Schon aus der Ferne fällt die Anhöhe ins Auge. Je näher wir kamen, desto imposanter wurde die Anlage. Eine massive Stadtmauer mit regelmäßig gesetzten Türmen, eine schwere Toranlage, dahinter dutzende Getreidesilos und Zisternen.
Wir hatten nicht erwartet, dass die Iberer solch durchdachte und massive Strukturen gebaut haben, fast wie bei einem römischen Kastell. Sie waren besser organisiert, als wir dachten. Wir haben uns offensichtlich bisher zu wenig mit ihnen beschäftigt. Unsere Vorstellung bisher war von kleinen, runden Hütten mit Strohdach geprägt. Ullastret hat dieses Bild komplett verändert.

Wer waren die Iberer?
Die Iberer waren kein einheitliches Volk, sondern eine Gruppe verschiedener Stämme, die vom 6. bis zum 1. Jahrhundert vor Christus an der Mittelmeerküste der Iberischen Halbinsel lebten, von Andalusien bis Südfrankreich. Sie hinterließen beeindruckende Städte, Tempel, Befestigungen, Kunstwerke und eine bis heute nicht vollständig entzifferte Schrift.
Die Iberer waren geschickte Handwerker, organisierten komplexe Stadtanlagen und pflegten Handelskontakte mit Phöniziern, Griechen und später Römern. Ihre Kultur entwickelte sich unabhängig, wurde aber zunehmend durch den Kontakt mit der Mittelmeerwelt geprägt – bis sie schließlich im Zuge der römischen Expansion aufging.
Ullastret
Ullastret liegt auf einer markanten Anhöhe im Empordà, rund 20 km von der Küste entfernt. Die Lage ist strategisch gewählt: gute Sicht in alle Richtungen, schwer zugänglich für Angreifer, und trotzdem nicht weit von den damaligen Handelsrouten entfernt.
Die Siedlung wurde ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. errichtet und erreichte ihre Blütezeit im 4.–3. Jahrhundert v.Chr. Archäologen gehen davon aus, dass hier zeitweise bis zu 6.000 Menschen lebten. Für die damalige Zeit eine große, urban organisierte Gemeinschaft.
Ullastret war das Zentrum des iberischen Stammes der Indiketes. Es war nicht nur politischer, sondern auch wirtschaftlicher und religiöser Mittelpunkt der Region.
Früher ragte die Siedlung aus einer etwa 3 Quadratkilometer großen Lagune, dem Llac d’Ullastret, heraus. Sie lag auf einer Insel oder Halbinsel im Wasser. Im 19. Jahrhundert wurde die Lagune entwässert und das Gebiet in Ackerland umgewandelt. Heute ist das Gewässer verschwunden, doch die alte Inselstruktur ist in der Landschaft noch gut zu erkennen.
Befestigung und Stadtstruktur
Die Stadtmauer ist eines der auffälligsten Merkmale. Sie stammt aus dem 4. Jh. v. Chr. und ist in Teilen bis heute erhalten. Auffällig sind die regelmäßig gesetzten Türme sowie die sehr massive Toranlage. Die Konstruktion erinnert in ihrer Struktur eher an spätere römische Befestigungen als an das, was man von einer eisenzeitlichen Siedlung erwarten würde.
Innerhalb der Mauern erkennt man die Grundstruktur der Stadt: Wohnhäuser, Speicherräume, Gassen, Plätze. Besonders auffällig sind die zahlreichen unterirdischen Silos, in den gewaltige Mengen an Getreide gelagert wurden. Auch mehrere Zisternen zur Wasserversorgung wurden freigelegt. Die Anlage zeigt eine ausgeprägte Arbeitsteilung und Planung.
Auf dem höchsten Punkt der Siedlung befand sich ein Tempelbezirk, vermutlich mit zentraler religiöser Funktion. Dort wurden unter anderem Statuetten, Gefäße und Votivgaben gefunden.
Die genagelten Schädel
Ein spektakulärer Fund aus dem Jahr 2012 sorgte für Aufsehen: In der Nähe der Stadtmauer wurden mehrere menschliche Schädel entdeckt. Sie waren sauber vom Schädelknochen getrennt und teilweise mit eisernen Nägeln fixiert.
Dieses Ritual scheint systematisch gewesen zu sein: Die Schädel waren Trophäen feindlicher Kämpfer, sie wurden zur Schau gestellt. Vermutlich als Warnung, vielleicht aber auch als Ehrenzeichen. Archäologen diskutieren darüber, ob es sich um reines Kriegsritual oder auch rituelle Totenehrung handelte.
Kindergräber unter den Häusern
Neben diesen kriegerischen Funden gibt es auch Hinweise auf persönliche und familiäre Rituale. Unter mehreren Häusern wurden Gräber von Neugeborenen oder Kleinkindern entdeckt. Lange wurde darüber spekuliert, ob es sich um Opferpraktiken handeln könnte.
Neuere Studien deuten aber darauf hin, dass diese Bestattungen wohl aus Respekt und familiärer Verbundenheit erfolgten, nicht aus kultischer Notwendigkeit. Die Toten blieben so im direkten Umfeld der Familie.
Museum und Gelände heute
Das Gelände von Ullastret ist heute gut erschlossen. Ein Rundweg führt durch die gesamte Anlage, Infotafeln sind vorhanden (auch auf Englisch), und im kleinen Museum direkt daneben werden Originalfunde gezeigt: Keramik, Werkzeuge, Grabbeigaben, Votivobjekte. Besonders interessant ist die digitale 3D-Rekonstruktion, mit der man das Oppidum virtuell erleben kann.
Der gesamte Besuch ist auch ohne Führung gut machbar. Die Atmosphäre ist ruhig, der Ort wirkt, trotz seiner Größe, fast vergessen. Auch die idyllische Landschaft rundet den Ausflug ab.

Wie kommt ihr hin?
- Ullastret bei Google Maps,
Koordinaten: 42°00’20.7″N 3°04’44.5″E
Website: Website des Museums
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